Besteuerung der Übertragung von Einzweck-Gutscheinen nach Inkrafttreten der Gutschein-Richtlinie
Der BFH hat nach einer Vorlage an den EuGH (EuGH, Urteil v. 18. April 2024 – C-68/23) in seinem Beschluss vom 25. Juni 2025 (XI R 14/24) entschieden, unter welchen Voraussetzungen ein Gutschein als Einzweck- oder Mehrzweckgutschein zu behandeln ist.
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Sachverhalt
Eine deutsche GbR vertrieb im Streitjahr 2019 Gutscheine für den Erwerb digitaler Inhalte über ihren Onlineshop (sog. X-Cards). Diese konnten zum Aufladen von Nutzerkonten für X genutzt werden. Herausgegeben wurden die X-Cards von Y mit Sitz im Vereinigten Königreich. Sie wurden mit unterschiedlicher Länderkennung (hier: DE) über verschiedene Zwischenhändler vertrieben. Der Endverbraucher musste laut Nutzungsbedingungen seinen Wohnort in Deutschland haben sowie ein deutsches Nutzerkonto besitzen, um die Gutscheine in Deutschland einlösen zu können.
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Entscheidung
Die Einordnung als Einzweck-Gutschein hängt nur von den in Art. 30a Nr. 2 MwStSystRL festgelegten Voraussetzungen ab. Dazu gehört die Voraussetzung, dass der Ort der Erbringung der Dienstleistung, die sich an Endverbraucher richtet und auf die sich dieser Gutschein bezieht, zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Gutscheins feststehen muss. Andernfalls liegt ein Mehrzweckgutschein vor und die Umsatzsteuer fällt erst bei Einlösung des Gutscheins an.
Der EuGH und BFH folgten der Meinung der Finanzverwaltung, dass im Urteilsfall Einzweck-Gutscheine vorliegen, da sowohl der Leistungsort (Deutschland) als auch der Steuersatz feststanden. Damit wird die Umsatzsteuer bereits bei der Ausgabe der Gutscheine geschuldet.
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Einordnung
Für Einmalige Erlebnisse vertreten wir weiterhin die Auffassung, dass es sich bei den Einmalige Erlebnisse-Gutscheinen um Mehrzweckgutscheine im Sinne des § 3 Abs. 15 UStG handelt. Maßgeblich ist, dass zum Zeitpunkt der Ausgabe weder der Ort der Leistung noch die geschuldete Umsatzsteuer eindeutig bestimmt werden können.
Wird jedoch durch Nutzungsbedingungen oder technische Einschränkungen (z. B. Länderkennungen, geografische Beschränkungen oder fest definierte Leistungspartner) der Leistungsort faktisch festgelegt, besteht das Risiko, dass die Finanzverwaltung den Gutschein künftig als Einzweck-Gutschein qualifiziert.
Wir empfehlen daher weiterhin, die Gutscheinbedingungen regelmäßig auf umsatzsteuerliche Risiken zu überprüfen und insbesondere zu dokumentieren, inwieweit Ort und Steuersatz bei Ausstellung bestimmbar sind. Dass bei Ausgabe der Einmalige Erlebnisse-Gutscheine weder Ort noch Steuersatz feststehen, wurde bereits ausführlich in den Unterlagen gegenüber der BaFin, den AGB sowie in den Partnervereinbarungen dargelegt. Daraus ergibt sich insbesondere:
- Der Beschenkte kann mit dem Einmalige Erlebnis-Gutschein ein konkretes Erlebnis nach eigener Wahl erwerben. Erst mit der Einlösung gegen einen Partner-Gutschein wird der Gutschein zu einem Einzweck-Gutschein für ein konkretes Erlebnis.
- Hintergrund ist, dass die Partner-Gutscheine stets ein terminlich und örtlich konkret definiertes Erlebnis betreffen, das im jeweiligen Gutschein ausdrücklich ausgewiesen ist.
- Im Rahmen des Kaufvorgangs für den Partner-Gutschein werden dem Beschenkten im Online-Shop regelmäßig konkrete Termin- und ggf. Ortsoptionen zur Auswahl gestellt.
Entscheidend ist, dass der Leistungsort bei Ausgabe des Einmalige Erlebnis-Gutscheins nicht auf Deutschland beschränkt werden kann und auch ausländische Kunden die Gutscheine erwerben können. Da EEMD auch Erlebnisse im Ausland anbietet, ist eine solche Beschränkung ausgeschlossen. Ebenso steht der Steuersatz bei Ausgabe des Einmalige Erlebnis-Gutscheins noch nicht fest, da auch Erlebnisse, welche dem ermäßigten Steuersatz unterliegen – durch die Erlebnis Partner – angeboten werden. Damit handelt es sich – auch unter Berücksichtigung der aktuellen BFH- und EuGH-Rechtsprechung – bei der Ausgabe der Einmalige Erlebnisse-Gutscheine weiterhin um Mehrzweckgutscheine. Eine Umsatzsteuer entsteht erst bei Einlösung, nicht bereits bei Ausgabe.
Gleichwohl empfehlen wir, angesichts der jüngsten BFH-Entscheidung weiterhin darauf zu achten, dass Erlebnisse nicht ausschließlich in Deutschland und von in Deutschland ansässigen Endverbrauchern eingelöst werden können. Eine entsprechende geografische Vielfalt der Angebote unterstützt die Argumentation, dass der Leistungsort bei Ausgabe nicht feststeht. Der Leistungskatalog kann gezielt so ausgestaltet werden, dass er Erlebnisse in unterschiedlichen Ländern umfasst bzw. ausdrücklich offenlässt, wo die Leistungen erbracht werden. Dadurch wird die Mehrzweckgutschein-Eigenschaft weiter gestärkt und das Risiko einer umsatzsteuerlichen Umqualifizierung reduziert. Dies gilt ebenso für Erlebnisse, welche dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

