Die Anforderungen an eine Rechnung i.S.d. § 14c Abs. 2 UStG

Der BFH hat sich mit Beschluss vom 19. März 2025 (XI R 4/22) zu den Anforderungen an eine Rechnung i.S.d. § 14c Abs. 2 UStG geäußert. Diese erfüllt ein Dokument, wenn es den Rechnungsaussteller, den Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und Angaben zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, führte für pharmazeutische Unternehmen Beobachtungsstudien durch. In den Streitjahren 2014 bis 2016 war die Klägerin für zwei GmbHs tätig, die mit jedem an den Studien teilnehmenden Arzt einen sog. „Prüfarztvertrag“ schlossen. Die Klägerin hatte mit den Ärzten selbst keine Verträge geschlossen, zahlte aber die Honorare der Ärzte im Auftrag und Namen der Auftraggeber an die Ärzte aus. Dazu erteilte die Klägerin den Ärzten Gutschriften mit Steuerausweis. Die dafür erforderlichen Geldbeträge stellten ihr die Auftraggeber zur Verfügung.

Im Rahmen der Honorarverwaltung übersandte die Klägerin ihren Auftraggebern sog. „Abforderungsschreiben“ für Honorare, in der sie zur Überweisung der abgeforderten Beträge auf ein „Honorarkonto“ aufforderte.

Infolge einer Außenprüfung vertraten die Prüfer die Auffassung, dass der vorgenommene Steuerausweis in den „Abforderungsschreiben“ unberechtigt erfolgt sei und die Klägerin die ausgewiesene Steuer gem. § 14c Abs. 2 S. 2 UStG (in der in den Streitjahren geltenden Fassung) schulde. Dieser Ansicht war auch das Finanzamt, das entsprechende Umsatzsteuer-Änderungsbescheide festsetzte.

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Entscheidung

Die Revision wird als unbegründet zurückgewiesen. Wer in einer Rechnung einen unberechtigten Steuerausweis ausweist, schuldet nach § 14c Abs. 2 S. 1 UStG den ausgewiesenen Betrag. Gleiches gilt nach Abs. 2 S. 2, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Die Anforderungen an einen unberechtigten Steuerausweis erfüllt eine Rechnung, wenn sie den Rechnungsaussteller, den Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und Angaben zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Bei der Frage, ob die „Abforderungsschreiben“ eine Leistungsbeschreibung enthalten, sind im Anwendungsbereich des § 14c UStG auch Bezugnahmen in der Rechnung auf andere Dokumente zu berücksichtigen.

Art. 203 MwStSystRL findet keine Anwendung, wenn eine Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen ist. Lediglich die theoretische Gefahr, dass aus einem Dokument, das die Anforderungen an eine Rechnung i.S.d. § 14c Abs. 2 UStG nicht erfüllt, bei nur oberflächlicher Betrachtung ein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden könnte, reicht nicht aus, um die Voraussetzungen dieser Vorschrift zu erfüllen. Die in § 14c Abs. 2 UStG normierte Gefährdungshaftung greift nur dann ein, wenn die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift tatsächlich vorliegen.

Die „Abforderungsschreiben“ nahmen Bezug auf andere Unterlagen. Aus diesen ergibt sich, dass die Klägerin „als Zahlstelle“ im Namen und im Auftrag ihrer Auftraggeber fungieren sollte. Mit den „Abforderungsschreiben“ forderte die Klägerin Honorare an, um die Leistungen der Ärzte abzurechnen. Dadurch wäre keine Gefährdung des Steueraufkommens zu besorgen gewesen.

Eine Gefährdung des Steueraufkommens kann jedoch nicht verneint werden, weil die Klägerin Umsatzsteuer offen ausgewiesen hat. Diese Angabe war jedoch überflüssig und in sich widersprüchlich. Damit hat sie das Risiko gesetzt, welches sich auch bei einem Teil der Empfänger der „Honorarabforderungen“ realisiert hat. Bei diesen rief die Klägerin die Fehlvorstellung hervor, dass mit den „Abforderungsschreiben“ über steuerpflichtige Leistungen abgerechnet werde, so dass bereits mit den „Honorarabforderungen“ ein Recht auf Vorsteuerabzug ausgeübt werden könne und die Erteilung der Gutschriften nicht abgewartet werden müsse. Die Empfänger beanspruchten den Vorsteuerabzug, obwohl sie Unterlagen, aus denen etwas anderes hätte abgeleitet werden können, kannten. Die Erteilungen der Gutschriften an die Ärzte, mit denen sie ihr Recht auf Vorsteuerabzug hätten ausüben können, wurden nicht abgewartet.

Danach kann in einer Situation, in der der Empfänger eines in sich widersprüchlichen Dokuments mit überflüssigen Angaben das Dokument als Rechnung versteht und deshalb mit dem Dokument objektiv zu Unrecht den Vorsteuerabzug geltend macht, weder davon gesprochen werden, dass aufgrund der ergänzenden Unterlagen feststeht, dass keine Rechnung vorliegt, noch davon, dass nicht die Gefahr besteht, dass mit dem Papier ein nicht bestehendes Recht auf Vorsteuerabzug geltend gemacht wird.

Fazit

Diese Entscheidung zeigt die Gefahren auf, die bestehen, wenn § 14c UStG bzw. Art. 203 MwStSystRL nicht genügend beachtet werden. Für die Praxis ist wichtig zu beachten, dass der EuGH und BFH die abstrakte Gefährdung ausreichen lassen, um eine Steuerschuld nach § 14c UStG eintreten zu lassen.

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