E-Mails als vorzulegende Handels- und Geschäftsbriefe
Der BFH hat mit Urteil vom 30. April 2025 (XI R 15/23) entschieden, dass auch E-Mails nach § 147 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 AO Handels- und Geschäftsbriefe sein können.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die der Konzerngruppe der A angehört. Im Jahr 2009 schloss sie ein "Sales and Marketing Services Agreement" ab, in dem sie sich zur Erbringung von Servicedienstleistungen gegenüber der B, einer anderen Konzerngesellschaft, verpflichtete. Sie streitet mit dem Finanzamt über die Pflicht zur Vorlage von Handels- und Geschäftspapieren sowie sonstiger Unterlagen einschließlich eines sogenannten Gesamtjournals. Im Rahmen einer Außenprüfung im Juli 2018 forderte das FA die Beklagte zur Vorlage von empfangenen und Wiedergaben der abgesandten Handelsbriefe i.S.v. § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO sowie sonstiger Unterlagen mit Bedeutung für die Besteuerung nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO auf. Sollten die angeforderten Unterlagen in elektronischer Form vorliegen, habe die Klägerin ein Gesamtjournal vorzulegen, in dem alle E-Mails erfasst sind.
Der dagegen erhobene Einspruch der Klägerin wurde vom FA als unbegründet zurückgewiesen. Daraufhin erhob die Klägerin im Oktober 2019 Klage beim FG Hamburg, welche teilweise Erfolg hatte. Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte legten Revision ein.
Entscheidung
Beide Revisionen sind unbegrĂĽndet.
- Das FG hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass das FA im Rahmen der Außenprüfung von der Klägerin insbesondere die Vorlage sämtlicher E-Mails verlangen darf, welche die Vorbereitung, den Abschluss und die Durchführung des sogenannten "Agreements" mit der anderen Konzerngesellschaft einschließlich der Verrechnungspreisdokumentation betreffen. Davon ausgenommen sind zutreffend solche E-Mails, die lediglich privater Natur sind oder die firmeninterne Kommunikation betreffen.
- Aufbewahrungspflichtig sind nach § 147 AO nicht nur die Ein- und Ausgangsrechnungen von Handelsgesellschaften, sondern aufzubewahren ist die gesamte, den betrieblichen Bereich betreffende Korrespondenz, soweit sie sich auf die Vorbereitung, Durchführung oder Rückgängigmachung eines Handelsgeschäfts i.S.d. §§ 343, 344 HGB bezieht.
- Die steuerrechtliche Aufbewahrungspflicht des § 147 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 AO erstreckt sich nicht nur auf den Abschluss, sondern auch auf die Vorbereitung und die Durchführung eines mit dem Agreement gegebenen Handelsgeschäfts.
- (Digitale) Unterlagen über Konzernverrechnungspreise unterfallen dem Anwendungsbereich des § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO.
- Aus § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO folgt die Verpflichtung, allgemeine Unterlagen, namentlich auch E-Mails, vorzuhalten, soweit darin Vorgänge enthalten sind, die für die Verrechnungspreisdokumentation und somit "für die Besteuerung von Bedeutung" sind.
- Mit Recht darf sich das FA deshalb darauf berufen, die Vorlage der Unterlagen diene als Nachweis über die Vollständigkeit der erklärten Betriebseinnahmen sowie zur Überprüfung der angewandten Verrechnungspreismethode. Ohne Vorlage der begehrten E-Mails wäre dem FA jegliche Möglichkeit genommen, die Angaben der Klägerin sowohl im Hinblick auf die Verrechnungspreismethode als auch hinsichtlich der Art und des Umfangs ihrer Tätigkeiten zu überprüfen.
- Die Finanzverwaltung ist im Rahmen der Außenprüfung grundsätzlich berechtigt, vom Steuerpflichtigen sämtliche E-Mails mit steuerlichem Bezug anzufordern.
- Mangels Rechtsgrundlage ist es der Finanzverwaltung aber verwehrt, ein sogenanntes Gesamtjournal zu verlangen, das einerseits erst noch erstellt werden müsste und andererseits auch Informationen zu solchen E-Mails enthält, die keinen steuerlichen Bezug haben.