Mehrwertsteuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen

Der EuGH hat mit Urteil vom 13. November 2025 (C-639/24) klargestellt, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit es bei innergemeinschaftlichen Lieferungen von Gegenständen zu einer Mehrwertsteuerbefreiung kommt.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Handelsgesellschaft mit Sitz in Kroatien, die Eichenstämme verkauft. Im Rahmen einer Steuerprüfung wurde festgestellt, dass sie Rechnungen über die Lieferung von Eichenstämmen an einen Erwerber in Slowenien für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2020 ausgestellt hatte. Die Klägerin legte schriftliche Erklärungen des Erwerbers gem. Art. 45a Abs. 1 lit. b Ziff. i der MwStDVO sowie Rechnungen, Versandscheine und CMR-Frachtbriefe vor.

Am 8. Oktober 2020 erließ das Finanzministerium einen Mehrwertsteuerbescheid, in dem es feststellte, dass die Klägerin rechtswidrig eine Mehrwertsteuerbefreiung der in Rede stehenden Lieferungen in Anspruch genommen habe. Es war der Ansicht, dass die vorgelegten Nachweise nicht belegten, dass die Voraussetzungen für die Mehrwertsteuerbefreiung erfüllt seien.

Der Einspruch der Klägerin wurde abgelehnt, woraufhin sie Klage erhob.

 

Entscheidung

Nach Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL werden Lieferungen von Gegenständen, die an einen Ort außerhalb ihres Gebiets, aber innerhalb der Union versandt oder befördert werden, von der Steuer befreit, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Die Gegenstände müssen zum einen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person geliefert werden, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem handelt, in dem die Versendung oder Beförderung beginnt. Zum anderen muss derjenige, für den die Lieferung erfolgt, in einem anderen als dem Mitgliedstaat registriert sein, in dem die Versendung oder Beförderung der Gegenstände beginnt, und er muss dem Lieferer seine Mehrwertsteuer‑Identifikationsnummer mitgeteilt haben.

Art. 45a Abs. 1 lit. a, b MwStDVO sieht vor, dass in den dort beschriebenen Fällen vermutet wird, dass Gegenstände von einem Mitgliedstaat an einen Bestimmungsort außerhalb seines Gebiets, jedoch innerhalb der Union versandt oder befördert wurden. Dafür muss der Verkäufer im Besitz von Unterlagen sein, die den in Art. 45a MwStDVO genannten Anforderungen genügen. Diese Vermutung kann von der Steuerbehörde jedoch widerlegt werden. Sind die Voraussetzungen für die Vermutung nicht erfüllt, sind die Steuerbehörden verpflichtet, jeden vom Verkäufer vorgelegten Nachweis zu würdigen und daraufhin zu prüfen, ob er einen geeigneten Beleg für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung darstellt.

Könnten sich die Verkäufer nicht auf jeden Nachweis stützen, würde denjenigen, die nicht über die in Art. 45a MwStDVO genannten Nachweise verfügen, die Befreiung wegen der Nichteinhaltung einer formellen Anforderung vorenthalten, obwohl die innergemeinschaftliche Lieferung tatsächlich stattgefunden hat. Damit würde das Ziel der Förderung des gemeinschaftsinternen Handels in Frage gestellt. Ebenso erfordert der Grundsatz der steuerlichen Neutralität, dass die Befreiung gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind.

Es gibt lediglich zwei Fälle, in denen die Nichteinhaltung einer formellen Anforderung den Verlust des Rechts auf Mehrwertsteuerbefreiung nach sich ziehen kann. Ein Steuerpflichtiger, der sich vorsätzlich an einer Steuerhinterziehung beteiligt hat, kann sich nicht auf den Grundsatz der Steuerneutralität berufen. Zum anderen kann der Verstoß gegen eine formelle Anforderung zur Versagung der Mehrwertsteuerbefreiung führen, wenn er den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden.

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