Vorsteuerberichtigung bei Entgeltrückzahlung durch Bürgen

Der BFH hat mit Urteil vom 8. Juli 2025 (XI R 31/23) entschieden, dass bei teilweiser Rückzahlung einer Anzahlung, die der Unternehmer für eine nicht erbrachte Leistung gezahlt hat, der in Anspruch genommene Vorsteuerabzug auch dann teilweise zu berichtigen ist, wenn die Rückzahlung durch einen Dritten erfolgt.

 

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) schloss im November 2011 mit der A-GmbH einen Vertrag über die Lieferung und Montage einer Halle und leistete hierzu eine Anzahlung in Höhe von 296.214,80 €. Für die darauf entfallende Umsatzsteuer in Höhe von 47.294,80 € machte der Kläger den Vorsteuerabzug geltend.

Am 22. März 2012 teilte die A-GmbH, über deren Vermögen zwischenzeitlich das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet worden war, dem Kläger mit, dass die Halle nicht fertiggestellt werden könne.

Die X-Bank hatte sich für den Netto-Anzahlungsbetrags selbstschuldnerisch verbürgt und zahlte auf dieser Grundlage im März 2012 insgesamt 236.474 € an den Kläger aus.

Der Kläger erklärte für das Streitjahr 2012 eine Umsatzsteuer von ./. 110.568,22 €. Das Finanzamt (FA) folge dem nicht. Es war der Ansicht, der Vorsteuerabzug aus der Anzahlung sei zu berichtigen und setze die Umsatzsteuer 2012 mit Bescheid vom 5. Mai 2014 auf ./. 65.638,16 € fest.

Mit Einspruchsentscheidung vom 17. November 2022 minderte das FA die Umsatzsteuer auf ./. 72.811,87 €. Die Zahlung der X-Bank habe zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage im Verhältnis zwischen dem Kläger und der A-GmbH geführt. Aus dem erstatteten Betrag sei ein Vorsteueranteil von 37.756,35 € herauszurechnen.

Das FG wies die Klage mit Urteil vom 6. September 2023 (8 K 1202/22) ab.

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das FG hat zutreffend erkannt, dass der Vorsteuerabzug des Klägers aus der Anzahlung an die A-GmbH teilweise zu berichtigen ist, nachdem die X-Bank die Bürgschaftssumme an den Kläger gezahlt hat.

Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den Steuerbetrag zu berichtigen. Ebenfalls ist der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde, zu berichtigen. Die Minderung der Bemessungsgrundlage tritt erst dann ein, wenn das bereits gezahlte Entgelt tatsächlich zurückgezahlt worden ist.

Der BFH hat die Berichtigung des Vorsteuerabzugs wegen Rückzahlung einer Voraus- bzw. Anzahlung dann bejaht, wenn dem Leistungsempfänger die an den Leistenden entrichtete Anzahlung durch Zahlung eines Dritten in Höhe der Netto-Kaufpreisrate erstattet wird.

Das FG hat zutreffend angenommen, dass die Zahlung der X-Bank an den Kläger zurückgewährtes Entgelt aus dem Leistungsverhältnis zwischen dem Kläger und der A-GmbH darstellt, denn der Vorgang steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem ursprünglich vereinbarten Umsatzgeschäft zwischen dem Kläger und der A-GmbH.

Im Streitfall ist die Lieferung der Halle ausgeblieben. Aufgrund der Mitteilung der A-GmbH aus März 2012 war gesichert davon auszugehen, dass die Lieferung nicht mehr bewirkt werden wird. Die Anzahlung ist teilweise an den Kläger zurückgezahlt worden.

Dass das Bürgschaftsversprechen zivilrechtlich von dem in Rede stehenden Umsatzgeschäft unabhängig ist, steht der Berichtigung des Vorsteuerabzugs wegen Rückzahlung nicht entgegen, denn ob die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die Erbringung von Leistungen erfolgt, ist nach den vom Unionsrecht geprägten umsatzsteuerlichen Maßstäben zu beurteilen.

Auch hat das FG die Höhe der Berichtigung zutreffend nicht beanstandet. Der Vorsteuerabzug der Klägerin war im Streitjahr um 37.756,35 € zu berichtigen. Dieser Betrag entspricht dem Umsatzsteueranteil, der in den von der X-Bank erstatteten 236.474 € enthalten ist.

Der Einwand des Klägers, eine Berichtigung beim Kläger könne nur erfolgen, wenn die Steuer bei der A-GmbH berichtigt worden sei, greift nicht durch. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs hängt nicht davon ab, ob die Bemessungsgrundlage beim leistenden Unternehmer berichtigt wird, sondern sie erfolgt bereits dann, wenn der Vorsteuerabzug höher oder niedriger ist als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war.

Ebenfalls ist der Einwand des Klägers, die Berichtigung des Vorsteuerabzugs setze voraus, dass das Entgelt durch den Leistenden selbst an den Leistungsempfänger zurückgewährt werde, nicht zutreffend. Vielmehr findet § 17 UStG auch in Dreipersonenverhältnissen Anwendung. Dahinter steht die Erwägung, dass ein „Entgelt“ nicht nur dann vorliegt, wenn es vom Leistungsempfänger gezahlt wird. Die Zahlung kann in richtlinienkonformer Auslegung vielmehr auch von einem Dritten stammen.

Zudem steht der Vorsteuerberichtigung nicht entgegen, dass dem Kläger „die Umsatzsteuer“ noch nicht (anteilig) zurückgezahlt worden wäre, weil die X-Bank lediglich eine Bürgschaft in Höhe des Netto-Anzahlungsbetrags übernommen und nur den Nettobetrag an den Kläger zurückgezahlt habe. Die Berichtigung hat auch bei nur teilweiser Rückzahlung zu erfolgen. Daher ist der zurückgezahlte Teilbetrag in Entgelt und Umsatzsteuer aufzuteilen. Folglich ist in dem Betrag von 236.474 € anteilig Umsatzsteuer enthalten. Diese gehört nicht zur Bemessungsgrundlage und ist daher herauszurechnen.

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