Vorsteuerberichtigung bei Rückzahlung von Einfuhrumsatzsteuer nach insolvenzrechtlicher Anfechtung
Der BFH hat mit Urteil vom 4. Juni 2025 (XI R 7/22) entschieden, dass die Rückzahlung der Einfuhrumsatzsteuer in die Insolvenzmasse zu einer Vorsteuerberichtigung führt.
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Sachverhalt
Die Klägerin, eine AG, stellte im Januar 2019 beim Amtsgericht (Insolvenzgericht) einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und beantragte zugleich Eigenverwaltung. Das Insolvenzgericht bestellte einen vorläufigen Sachwalter und ordnete an, dass die Klägerin berechtigt ist, ihr Vermögen unter Aufsicht des vorläufigen Sachwalters weiter zu verwalten.
Für Januar und Februar 2019 setzte das Hauptzollamt Einfuhrumsatzsteuer fest, welche die Klägerin beglich und als Vorsteuer abzog. Im April 2019 wurde schließlich das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Insolvenzgericht ordnete Eigenverwaltung an und bestellte einen Sachwalter, der die Kassenführung nicht an sich zog.
Im Oktober 2019 kam es zur Anfechtung der Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer für die Monate Januar und Februar 2019 durch den Sachwalter, woraufhin das Hauptzollamt die Einfuhrumsatzsteuer in die Insolvenzmasse erstattete und sie zur Insolvenztabelle anmeldete.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 2019 kürzte das Finanzamt (FA) den Vorsteuerabzug für den Voranmeldungszeitraum um die in die Masse erstattete Einfuhrumsatzsteuer. Der Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht Münster (FG) wies die Klage ab (15 K 3144/20 U), woraufhin die Klägerin Revision einlegte.
Entscheidung
Das Urteil des FG ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Ihm liegt ein nicht mehr existierender Verwaltungsakt zugrunde, weshalb es keinen Bestand haben kann.
Der im Revisionsverfahren ergangene Umsatzsteuerjahresbescheid für 2019 hat den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für 2019 ersetzt, wodurch es zu einer Änderung des Verfahrensgegenstands gekommen ist.
- Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 3 UStG
- Die Rückzahlung der Einfuhrumsatzsteuer durch das Hauptzollamt im Oktober 2019 erfüllt die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 S. 1 UStG.
- Der Begriff "erstattet" in § 17 Abs. 3 S. 1 UStG verlangt lediglich die (Rück-)Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer, nicht aber deren Rechtsgrundlosigkeit.
- Wesentlicher Zweck des Vorsteuerabzugs ist es, die Neutralität der Mehrwertsteuer hinsichtlich sämtlicher Wirtschaftsteilnehmer zu gewährleisten. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität gebietet außerdem die Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer.
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- Kein erneuter Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG)
- Der BGH verneint, dass durch das Aufleben der Forderung (§ 144 Abs. 1 InsO) eine "entstandene Einfuhrumsatzsteuer" im Sinne von § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG vorliegt.
- Steuertatbestand und Steueranspruch entstehen im Zeitpunkt der Einfuhr. Hierzu kam es durch die Rückzahlung nicht.
- Mehrwertsteuer wird nur dann geschuldet, wenn der Steuerpflichtige eine rechtlich durchsetzbare Verpflichtung zur Zahlung hat, dessen Abzug als Vorsteuer er begehrt.
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- Masseverbindlichkeiten
- Auch im Eigenverwaltungsverfahren können Masseverbindlichkeiten begründet werden. Dadurch hatte das FA die Befugnis, die Berichtigung festzusetzen.

