Besteuerung der unentgeltlichen Überlassung eines Stadions
FG Niedersachsen Urteil
Das FG Niedersachsen entschied bereits am 9. Dezember 2021 (5 K 44/20) über die unentgeltliche Überlassung eines Stadions an einen Unternehmer, welches vorher vom überlassenden Unternehmer für unentgeltliche Zwecke verwendet wurde. Dabei war zu entscheiden, ob für den Zeitraum der unentgeltlichen Überlassung eine Vorsteuerberichtigung durchzuführen, eine unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern oder eine umsatzsteuerliche Organschaft anzunehmen ist.
Aktualität besitzt der Fall aufgrund der wichtigen Rechtsfragen und weil er kürzlich erst in die Liste der anhängigen Verfahren beim BFH unter dem Aktenzeichen V R 23/23 eingegangen ist.
Sachverhalt
Der Kläger war ein eingetragener Fußballverein, der mit dem Spielbetrieb der Herrenmannschaften Einnahmen erzielte. Der Sportverein errichtete eine Stadiontribüne samt Flutlichtanlage und nutzte diese unentgeltlich. Aus der Errichtung dieser beiden Bauwerke zog der Verein die Vorsteuern.
Der Fußballverein war ebenfalls alleiniger Gesellschafter der A-GmbH. Der A-GmbH wurde für eine bestimmte Zeit die Durchführung des Spielbetriebs überlassen, ihr Satzungszweck wurde dahingehend geändert. Der GmbH wurde unter anderem die Spiellizenz übertragen. Der Sportverein selbst erklärte anschließend Umsätze aus Eintrittsgeldern und Bandenwerbungen.
Die Finanzverwaltung führte eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG für die Anschaffung der Stadiontribüne durch, da die unternehmerische Nutzung der Stadiontribüne durch die Auslagerung des Spielbetriebs unterbrochen worden sei.
Der Kläger machte in einem erfolglosen Einspruchsverfahren geltend, dass für den Zeitraum der Auslagerung des Spielbetriebs an die A-GmbH eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen dem Sportverein als Organträger und der A-GmbH als Organgesellschaft vorgelegen hätte. Demnach wären die Umsätze der A-GmbH dem Sportverein zuzurechnen und die Vorsteuerberechtigung wäre unrechtmäßig. Die Finanzverwaltung verneinte das Vorliegen einer Organschaft, da es an der wirtschaftlichen Eingliederung fehle. Es werden mit der Nutzungsüberlassung nur unentgeltliche Leistungen vollbracht, diese könnten keine wirtschaftliche Eingliederung bewirken.
Der Sportverein erhob anschließend Klage beim zuständigen Finanzgericht, das über den Sachverhalt entschied.
Entscheidung und Gründe
Das Finanzgericht gab der Klage nicht statt, verneinte aber auch die Rechtmäßigkeit der Vorsteuerberichtigung. Stattdessen wurde eine unentgeltliche Wertabgabe des Sportvereins an die A-GmbH nach § 3 Abs. 9a Nr.1 UStG angenommen.
Für eine korrekte Vorsteuerberichtigung müssten sich die ursprünglich bei der Beschaffung bestehenden Verwendungsumsätze geändert haben. Das Stadion wurde jedoch weiterhin für steuerpflichtige Umsätze verwendet. Zwar geschah die Überlassung des Stadions an die A-GmbH unentgeltlich, steuerpflichtig war sie aber dennoch.
Eine umsatzsteuerliche Organschaft wurde vom Gericht ebenfalls verneint, da die wirtschaftliche Eingliederung nicht durch unentgeltliche Leistungen begründet werden kann.
Die unentgeltliche Überlassung wurde vom Gericht als Nutzungsentnahme eingeordnet. Diese bestimmt sich nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG und wird einer Lieferung oder sonstigen Leistung gleichgesetzt. Die Nutzungsentnahme führt zu steuerbaren und steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen des Fußballvereins, deren Bemessungsgrundlage anteilig anhand des Anschaffungspreises der Stadiontribüne bestimmt und anschließend dem Regelsteuersatz unterworfen wird.
Einordnung
Das Finanzgericht machte in seinem Urteil einige interessante Aussagen, die im Folgenden zusammengefasst werden.
- Vorsteuerberichtigung: Die Überlassung des Stadions an die A-GmbH erfolgt zwar unentgeltlich, ist aber dennoch ein steuerpflichtiger Umsatz. Die ursprüngliche Verwendungsabsicht hat sich demnach nicht verändert, eine Korrektur der Vorsteuer nach § 15a UStG ist nicht vorzunehmen.
- Unentgeltliche Wertabgabe: Stattdessen wird in der Überlassung an die A-GmbH eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG angenommen, die einer steuerpflichtigen Ausgangsleistung gleichgesetzt wird. Die Bemessungsgrundlage orientiert sich an dem Berichtigungszeitraum des § 15a UStG, welcher bei Gebäuden 10 Jahre beträgt. Es werden also jährlich 10% der Anschaffungskosten der Tribüne als Bemessungsgrundlage für die zu berechnende Steuer verwendet. Da der Zeitraum der Nutzungsüberlassung in diesem Fall 1,5 Jahre beträgt, werden 15 % der Anschaffungskosten als Bemessungsgrundlage mit dem Regelsteuersatz versehen.
- Umsatzsteuerliche Organschaft: Das FG folgt der gängigen Rechtsprechung des BFH. Personelle und finanzielle Eingliederung von der A-GmbH in den Sportverein wäre hier wohl anzunehmen, es scheitert jedoch an der wirtschaftlichen. Für eine wirtschaftliche Eingliederung muss Entgeltlichkeit bei den gegenseitig erbrachten Leistungen vorliegen.
Weil dieses Urteil mehrere wichtige Abgrenzungsfragen betrifft, wird der BFH hoffentlich ein sehr aufschlussreiches, endgültiges Urteil fällen. Wir beobachten das Verfahren für Sie weiter.