ECOFIN erreicht Einigung über ViDA
Zeitplan für Single VAT Registration, Platform Economy und E-Invoicing / E-Reporting
Am heutigen 5. November 2024 wurde beim ECOFIN-Treffen ein Durchbruch in den Verhandlungen über die ViDA-Initiative erzielt. Estland hat sein Veto gegen die zweite Säule aufgehoben. Einige wichtige Änderungen und Verzögerungen wurden beschlossen, die für Unternehmen in der EU von Bedeutung sind. Im Folgenden erhalten Sie eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte und einen zeitlichen Überblick.
Was ist ViDA?
ViDA (VAT in the Digital Age) ist eine umfassende Reform der Mehrwertsteuervorschriften der EU, die darauf abzielt, die Gesetze für digitale und grenzüberschreitende Transaktionen zu modernisieren, zu vereinfachen und Steuerhinterziehung bekämpfen. Das Vorhaben wird in einem Drei-Säulen-Modell dargestellt.
Die EU-Kommission hatte ursprünglich am 8. Dezember 2022 ihren Richtlinienentwurf veröffentlicht. Die EU-Mitgliedstaaten waren im Rat für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) jedoch nicht mit allen Änderungen einverstanden. Auch gegen einen Kompromissvorschlag vom 8. Juni 2024 legte Estland sein Veto ein. Daraufhin wurde am 30. Oktober 2024 ein weiterer Kompromissvorschlag veröffentlicht, den der Rat heute, am 5. November 2024, einstimmig angenommen hat. Die Vorschläge werden nun an das EU-Parlament zur Zustimmung weitergeleitet.
Erhebliche inhaltliche Änderungen enthält der neue Kompromissvorschlag nicht. Den Mitgliedstaaten wird mehr Zeit eingeräumt, um die Regelungen umzusetzen.
Verzögerungen und wichtige neue Fristen in zeitlicher Reihenfolge
Single VAT Registration (Säule 3): Hinter dieser Säule verbirgt sich eine Vielzahl an Maßnahmen, die eine Registrierung im EU-Ausland entbehrlich machen. Der ursprünglich geplante Start wird nun auf Juli 2028 verschoben.
Platform Economy (Säule 2): Die zweite Säule konzentriert sich auf digitale Plattformen, die Mitfahrgelegenheiten (z.B. Uber) oder Unterkünfte (z.B. Airbnb) anbieten. In Zukunft sollen die Plattformbetreiber für die Mehrwertsteuer verantwortlich sein. Estland hatte bei den ECOFIN-Sitzungen im Mai und Juni zweimal sein Veto gegen diese Säule eingelegt. Jetzt wird die verpflichtende Einführung auf Januar 2030 festgelegt.
Digital Reporting, E-Invoicing (Säule 1): Die Einführung der digitalen Berichterstattung und die verpflichtende Einführung der E-Rechnung auf EU-Ebene wird weiterhin für die Zeit ab Juli 2030 geplant. Bis 2035 sollen alle Pläne umgesetzt sein.
Wichtige Änderungen und Auswirkungen für Ihr Unternehmen
Single VAT Registration: Durch die dritte Säule wird es Unternehmern ermöglicht, sich nur noch in einem EU-Mitgliedstaat zu registrieren und ihre Umsatzsteuer-Erklärung für alle EU-Transaktionen zentral einzureichen. Außerdem wird das One-Stop-Shop-Verfahren (OSS) und die Regelungen zum Steuerschuldübergang bei B2B-Umsätzen von nicht ansässigen Unternehmen im EU-Ausland schrittweise erweitert.
Am 1. Juli 2028 wird zusätzlich das OSS-Verfahren für innergemeinschaftliches Verbringen eingeführt. Dies soll vor allem Unternehmen im E-Commerce von Registrierungen befreien. Die Mitgliedstaaten haben jedoch die Möglichkeit, Wahlrechte zu nutzen, und für bestimmte Umsätze bleibt die Registrierungspflicht im Ausland weiterhin bestehen.
Platform Economy: Bevor die Einführung im Januar 2030 erfolgt, wird es ab Juli 2028 eine freiwillige Phase geben. Die derzeitige fingierte Lieferkette für B2C-Lieferungen innerhalb der EU, bei der Online-Händler aus Drittstaaten über Online-Marktplätze verkaufen, wird ab dem 1. Januar 2027 auch auf B2B-Lieferungen ausgeweitet.
Zudem sollen digitale Plattformen so behandelt werden, als hätten sie selbst diese Leistung empfangen und erbracht. Für diese Regelung gibt es jedoch zwei Ausnahmen. Der Leistende kann der Plattform seine USt-IdNr. mitteilen und die Umsatzsteuer selbst berechnen. Zudem können Ausnahmen für Kleinunternehmer individuell vorgesehen werden.
Außerdem wird die Definition des Begriffs “kurzfristig“ (z.B. bei kurzfristiger Vermietung von Beförderungsmitteln) von 45 Tagen auf 30 Tagen geändert. Über weitere Änderungen wird die Kommission bis zum 1. Juli 2032 Bericht erstatten.
E-Invoicing und E-Reporting / E-Rechnungsstellung und digitale Berichterstattung: Die Einführung der E-Rechnung, die in Deutschland bereits bevorsteht, wird in der gesamten EU ab Juni 2030 ebenfalls verpflichtend. Bei grenzüberschreitenden Lieferungen müssen Unternehmen bestimmte Datensätze aus der E-Rechnung in digitaler Form melden. Die Frist für die Berichterstattung wird auf 10 Tage nach Ausstellung der E-Rechnung verlängert (ursprünglich 2 Tage).
Ab 2025 steht es den Mitgliedstaaten außerdem frei, welche Systeme für die elektronische Rechnungsstellung im Inland vorgeschrieben werden. Zudem ist die Ausstellung von E-Rechnungen nicht mehr von der Zustimmung des Kunden abhängig. Daraus folgt, dass Unternehmen sich darauf einstellen müssen, elektronische Rechnungen zu empfangen, wenn ein Mitgliedstaat eine nationale Regelung einführt.
Neben der E-Rechnung werden für grenzüberschreitende Umsätze Meldepflichten eingeführt, die die Zusammenfassenden Meldungen ersetzen. Eine Anpassung der nationalen Regelungen an die EU-Vorgaben hat bis 2035 zu geschehen.
Einordnung
ViDA stellt eine der umfassendsten und tiefgreifendsten Veränderungen der Mehrwertsteuervorschriften in der EU dar, mit weitreichenden Auswirkungen für Unternehmen, die in der EU tätig sind. International tätige Unternehmen müssen sich frühzeitig mit den neuen Anforderungen vertraut machen und sich auf die kommenden Änderungen vorbereiten.