FG Münster: Mieterstrom ist eigenständige Leistung

voller Vorsteuerabzug möglich

Das Finanzgericht (FG) Münster hat entschieden, dass die Lieferung von Strom durch Vermieter an ihre Mieter eine eigenständige, umsatzsteuerpflichtige Hauptleistung und keine unselbstständige Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Wohnraumvermietung ist. Das Urteil hat erhebliche Bedeutung für den Vorsteuerabzug bei der Anschaffung von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) vor der Einführung des Nullsteuersatzes und bei Nichterfüllen der Voraussetzungen für den Nullsteuersatz. Es stellt sich gegen die bisherige Verwaltungsauffassung.

Hintergrund: Abgrenzung Haupt- und Nebenleistung

Die Abgrenzungsfrage ist entscheidend für die Umsatzsteuer. Bisher galt die Stromlieferung durch Vermieter nach Verwaltungsauffassung (§ 4.12.1 Abs. 5 Satz 3 UStAE) regelmäßig als Nebenleistung zur Vermietung und war damit ebenfalls umsatzsteuerfrei. Das FG Münster folgt nun der neueren Rechtsprechung des BFH, die die Grundsätze der Abgrenzung von Haupt- und Nebenleistungen präzisiert hat (u.a. Urteile vom 11.11.2015 – V R 37/14 und vom 17.7.2024 – XI R 8/21). Entscheidend ist, ob der Mieter seinen Stromlieferanten frei wählen, über seinen Verbrauch eigenständig entscheiden und der Stromverbrauch über individuelle Zähler abgerechnet wird. Sind diese Kriterien erfüllt, liegt eine eigenständige, umsatzsteuerpflichtige Hauptleistung vor.

Der Fall

Im Streitfall hatte ein Vermieter eine PV-Anlage auf seinem Mehrfamilienhaus installiert und sich verpflichtet, 50 % des erzeugten Stroms an die Mieter zu liefern. Der restliche Strombedarf wurde extern gedeckt. Das Finanzamt behandelte die Stromlieferung als Nebenleistung zur Vermietung und versagte den Vorsteuerabzug für den Teil des Stroms, der an die Mieter geliefert wurde. Das FG Münster entschied hingegen, dass die gesamte Stromlieferung (auch die an die Mieter) eine eigenständige Hauptleistung darstellt. Folglich ist die PV-Anlage vollständig für steuerpflichtige Umsätze genutzt, und der volle Vorsteuerabzug ist möglich.

Praktische Konsequenzen für Vermieter

  • Voller Vorsteuerabzug: Wer Mieterstrom liefert und die oben genannten Kriterien erfüllt, kann den vollen Vorsteuerabzug für die PV-Anlage geltend machen.
  • Vertragsgestaltung: Vermieter sollten ihre Miet- und Stromlieferverträge sorgfältig prüfen. Die freie Wahl des Stromlieferanten durch den Mieter, getrennte Verträge und separate Rechnungsstellung für den Strom sprechen für eine eigenständige Hauptleistung.
  • Das Urteil widerspricht der bisherigen, aber nicht mehr ganz aktuellen Verwaltungsauffassung. Die Finanzverwaltung hat ihre Anweisungen aufgrund der neueren BFH-Rechtsprechung bereits angepasst. Es ist jedoch fraglich, ob das Urteil des FG Münster zu einer weiteren Anpassung des UStAE führen wird.

Fazit

Da das FG Münster die Revision nicht zugelassen hat, kann die Finanzverwaltung Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH einlegen. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH den Fall überprüft und ob die Finanzverwaltung ihre Sichtweise endgültig anpasst.

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