Keine Differenzbesteuerung bei anteiligem Recht zum Vorsteuerabzug am Liefergegenstand
BFH-Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich mit seinem im April veröffentlichten Beschluss vom 11. Dezember 2024 (XI R 9/23) zur Differenzbesteuerung bei anteiligem Recht zum Vorsteuerabzug am Liefergegenstand geäußert. Mit dieser Entscheidung folgt der BFH der Rechtsprechung des EuGH (Vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juli 2012 – C-160/11).
Sachverhalt
In dem Urteil hat der BFH entschieden, dass die Lieferung einer Waschkommode, die sich aus einer gebrauchten Kommode und aus Sanitärgegenständen zusammensetzt, nicht der Differenzbesteuerung unterliegt, weil der Gegenstand teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt hat.
Im Streitfall erwarb die Klägerin gebrauchte Kommoden und verkaufte diese weiter. Sie bot dabei an, die Kommoden zu Waschkommoden aufzuwerten und umzubauen (sog. Upcycling). Der Kunde konnte sich einen neuen Waschbeckenaufsatz mit Armaturen aussuchen, der außerdem auf Wunsch montiert wurde.
Die Klägerin wendete zunächst auf die Lieferung der Kommode inkl. Sanitärgegenstände die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG an und unterwarf den Umbau der Regelbesteuerung.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Anwendung der Differenzbesteuerung im vorliegenden Fall unzulässig sei, da es sich bei dem Endprodukt um eine einheitliche Leistung handele. Durch die vorgenommenen Umarbeitungen sei das ursprüngliche Produkt in einem solchen Maß verändert worden, dass ein neuer, eigenständiger Gegenstand entstanden sei. Dieser neue Gegenstand unterliege nicht der Differenzbesteuerung, da diese ausschließlich auf den Wiederverkauf des ursprünglichen, unveränderten Gegenstands Anwendung finde.
Dieser Ansicht trat die Klägerin mit der Erwägung entgegen, dass die Funktion des Objekts als Waschkommode unverändert geblieben sei. Dem Neuteil sei in der GesamtÂwürdigung der Restaurierungsarbeiten und auch mit Blick auf das Kaufmotiv ihrer Kunden nur eine unterÂgeordnete Rolle beizumessen.
Der BFH versagte die Anwendung der Differenzbesteuerung jedoch aus ganz anderen Gründen und verwies den Rechtsstreit an das Finanzgericht (FG) zurück:
- Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 UStG erfüllt sind. Es hat angenommen, dass es sich bei der Lieferung der aufgearbeiteten Kommode – ungeachtet der getrennten Rechnungsstellung – um eine einheitliche Leistung handelt.
- Für das neu zusammengesetzte Gesamtprodukt als LieferÂgegenstand liegen die VorausÂsetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG jedoch nicht vor. Die Klägerin hat die WaschÂbeckenÂaufsätze als Neuware mit Recht zum VorsteuerÂabzug erworben. Für das neu zusammenÂgesetzte GesamtÂprodukt besteht daher im Hinblick auf den Waschbeckenaufsatz ein anteiliges Recht zum VorsteuerÂabzug.
- Besteht für den Gegenstand der Lieferung ein anteiliges Recht zum Vorsteuerabzug, ist - was das FG nicht beachtet hat - nach der Rechtsprechung des EuGH die Anwendung der Differenzbesteuerung ausgeschlossen. Folglich scheidet im vorliegenden Fall die Anwendung der Differenzbesteuerung aus.
Das FG soll im nächsten Schritt überprüfen, ob selbständige Leistungen vorliegen. In diesem Fall könnte nur auf die Weiterlieferung der gebrauchten Kommode die Differenzbesteuerung angewendet werden.
Einordnung
Auch auf andere Fälle kann sich diese Entscheidung auswirken. Beispielsweise in der Autoindustrie, wenn von Privatpersonen angeschaffte gebrauchte Fahrzeuge aufgearbeitet werden und mit Neuteilen versehen werden, die vom Unternehmer mit Rechnungen, die einen Umsatzsteuerausweis enthalten, erworben worden sind. Auch in diesen Fällen kommt eine Differenzbesteuerung nach § 25a UStG wegen des vorherigen Vorsteuerabzugs nicht in Betracht.