Keine Rechnungskorrektur bei fehlendem Hinweis auf innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft
BFH-Urteil
Der BFH hat mit Urteil vom 17. Juli 2024 (XI R 35/22) über die nachträgliche Korrektur von Rechnungen bei fehlendem Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts entschieden. Es war zu klären, ob der Berichtigung eine rückwirkende Wirkung zukommen kann und ob demnach nachträglich die Voraussetzungen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts bestätigt werden können.
Es handelt sich um die Nachfolgeentscheidung zu dem Urteil des EuGH C-247/21 Luxury Trust Automobil.
Sachverhalt
Der Kläger war ein deutscher Unternehmer, der in den Streitjahren 2008 bis 2013 einen Großhandel mit landwirtschaftlichen Maschinen betrieb. Er bestellte dabei die Maschinen beim Hersteller und lieferte diese direkt an die Kunden weiter, die hauptsächlich in Polen ansässig waren. Die Versendung wurde entweder vom Kläger oder von den Herstellern mit der jeweiligen USt-IdNr. ihres Ansässigkeitsstaates durchgeführt.
Wenn aus anderen Mitgliedstaaten nach Polen geliefert wurde, erklärte der Kläger sowohl einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb (igE) auf seiner Eingangsseite als auch eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung (igL) auf seiner Ausgangsseite. Ein Rechnungshinweis auf ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft war nicht gegeben.
Die Finanzverwaltung wertete die Umsätze als innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft. Dies führt dazu, dass die Leistungsorte des innergemeinschaftlichen Erwerbs und der anschließenden Lieferung sich in Deutschland befinden. Dies sei so lange der Fall, bis der Kläger nachweisen könne, dass der igE in Polen besteuert wurde oder die Besteuerungsfiktion des § 25b Abs. 3 UStG greift. Außerdem wurde ihm der Vorsteuerabzug verwehrt.
Im Jahr 2015 berichtigte der Kläger die Rechnungen und seine Zusammenfassende Meldung mit Hinweis auf ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft. Das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts führt dazu, dass die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger übergeht. Das Finanzamt lehnte diese Korrekturen jedoch ab.
Nachdem das FG Münster erstinstanzlich die Rückwirkung der Korrekturen bestätigte, entschied der BFH in Revision über den Sachverhalt.
Entscheidung und GrĂĽnde
Der BFH gab jedoch der Finanzverwaltung Recht und hob das vorinstanzliche Urteil des FG auf.
Die Rechnungsberichtigung wirkt sich nach aktueller EuGH-Rechtsprechung (C-247/21) nicht rĂĽckwirkend aus, wenn die Voraussetzungen einer Verlagerung der Steuerschuldnerschaft erst durch eine Rechnungsberichtigung vorliegen. Eine Berichtigung eines solchen materiellen Mangels kann keine RĂĽckwirkung entfalten.
Das führt dazu, dass der Kläger einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Deutschland zu besteuern hat. Der Leistungsort liegt in Deutschland, da ein Nachweis der Besteuerung in Polen durch die fehlende umsatzsteuerliche Registrierung nicht möglich ist. Die Besteuerungsfiktion des § 25b Abs. 3 UStG greift durch den fehlenden Rechnungshinweis auf das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft nicht.
Fehlt der Hinweis auf ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft in einer Rechnung, kann dies nicht geheilt werden! Es tritt ein endgültiger Umsatzsteuerschaden ein.
Einordnung
Der Verfahrensausgang war durch die vorhergegangene Rechtsprechung des EuGH zu der Thematik vorgezeichnet. Der BFH verwies den Fall anschließend an das FG Münster zurück, damit das FG über die Zinsfestsetzung bzw. einen möglichen Erlass aus Billigkeitsgründen entscheiden kann. Jedenfalls in Fällen, die sich vor der Entscheidung des EuGH ereignet haben, sollte daher ein Antrag auf Erlass der Umsatzsteuer aus Billigkeitsgründen gestellt werden.
Durch dieses Urteil wird die Bedeutung der innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfte betont, die mitunter sehr komplex sein können. Um nachträgliche Steuer- bzw. Zinslasten und umsatzsteuerliche Registrierungen in anderen Mitgliedstaaten zu vermeiden, sind diese Konstellationen mit großer Sorgfalt bereits zu planen und sodann umzusetzen.
Essenziell für das Gelingen ist ein Rechnungshinweis darüber, dass dieser Umsatz Teil eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts ist.