Leistungsaustausch eines Fitnessstudios während der Corona-Pandemie

BFH: Umsatzsteuer trotz Lockdown

Der BFH hat mit Urteil vom 13. November 2024 (XI R 5/23; veröffentlicht am 17. April 2025) darüber entschieden, dass ein Fitnessstudio, das im Jahr 2020 wegen des Lockdowns im Rahmen der Corona-Maßnahmen schließen musste, aber von seinen Mitgliedern weiterhin Mitgliedsbeiträge vereinnahmt hat, auf die Mitgliedsbeiträge zum Zeitpunkt der Zahlung Umsatzsteuer entrichten muss.

Sachverhalt

Der Kläger betreibt ein Fitnessstudio und musste dieses im Zeitraum vom 17. März 2020 bis zum 17. Mai 2020 aufgrund der Corona-Maßnahmen schließen. Während dieser Zeit zahlten viele Mitglieder ihre Beträge weiter. Die Mitglieder hatten in dieser Zeit u. a. die Möglichkeit, eine kostenlose Verlängerung der Mitgliedschaft um drei Monate nach Ablauf der ursprünglichen Vertragslaufzeit in Anspruch zu nehmen, sowie an verschiedenen Live-Kursen im Streaming und an Körperscans teilzunehmen.

Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die Umsätze steuerbar seien, da den Mitgliedern zugesagt wurde, dass eine Beitragsfortzahlung zu einer Zeitgutschrift am Ende der Vertragslaufzeit führe. Zwischen der jeweiligen Zahlung und der in Ausschicht gestellten Leistung bestehe ein innerer Zusammenhang, der einen Leistungsaustausch begründe. Der Kläger ging dagegen davon aus, dass die Mitgliedsbeiträge in diesem Zeitraum nicht umsatzsteuerbar sind. Der BFH widersprach der Klägerin und bejahte einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Leistung des Klägers und der Gegenleistung.

Rechtliche Beurteilung

Die in den Monaten März bis Mai 2020 gezahlten Mitgliedsbeiträge waren umsatzsteuerbar, weil sie ein Entgelt für die monatliche Nutzungsmöglichkeit des Fitnessstudios waren. Der Entgeltcharakter ergibt sich u.a. daraus, dass der Kläger seinen Mitgliedern drei kostenlose Bonus-Monate zugesagt hatte. Die Mitgliedsbeiträge sind jedenfalls als steuerbare Vorauszahlung (§ 13 Abs.1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG) anzusehen.

Es kommt somit nicht auf die Alternativlösungen (z. B. Online-Live-Kurse) während des Lockdowns an. Ob diese einen verbrauchsteuerpflichtigen Vorteil darstellen, ist im Streitfall unerheblich. Der BFH betont, dass eine unionsrechtlich geprägte umsatzsteuerrechtliche Betrachtung maßgeblich ist und nicht ein auf zivilrechtlicher Basis bestimmter Maßstab.  Entsprechend kann ein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch auch trotz zivilrechtlicher (objektiver oder subjektiver) Unmöglichkeit vorliegen.

Zusätzlich stellt der BFH dar, dass eine Korrektur der Umsatzsteuer nach § 17 UStG im Streitfall nicht schon dann möglich ist, wenn der Studiobetreiber seine Leistung nicht erbringt, sondern erst dann, wenn er das Entgelt zurückzahlt. Die Rückzahlung erfolgte im Urteilsfall in nur circa 5 % der Fälle. In diesen Fällen ist eine Minderung der Umsatzsteuer im Monat der Rückzahlung möglich. In allen anderen Fällen ist eine Berichtigung mangels Rückzahlung des Mitgliedsbeitrags nicht möglich.

Einordnung

Die Entscheidung betrifft viele Fitnessstudios in Deutschland. Viele Studios haben während des Lockdowns ihren Mitgliedern das Angebot gemacht, den Vertrag kostenlos um mehrere Monate zu verlängern oder an Live-Kursen teilzunehmen. 

Letztlich wendet der BFH die allgemeinen Grundsätze an. Für die Praxis ist der Fall relevant, weil der BFH einige Grundsätze noch einmal deutlich hervorhebt. Dazu gehört insbesondere der Umstand, dass zivilrechtliche Beurteilungen für die Umsatzsteuer irrelevant sind und dass eine Minderung der Bemessungsgrundlage erst nach tatsächlich erfolgter Rückerstattung möglich ist.

Offen gelassen hat der BFH die Frage, ob die während der Schließzeit angebotenen Live-Kurse und der kostenlose 3D-Körperscan ebenfalls eine Leistung dargestellt haben. Hinsichtlich der Live-Kurse sprach gegen eine entgeltliche Leistung, dass diese für jedermann zugänglich und kostenlos waren.

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