Organschaft und Entnahmebesteuerung bei hoheitlicher Tätigkeit des Organträgers
BFH-Folgeurteil auf EuGH-Entscheidung
Der BFH hat mit seinem Urteil vom 29. August 2024 (V R 14/24) den scheinbar unendlich dauernden Prozess über die steuerliche Behandlung umsatzsteuerlicher Organschaften vorläufig beendet.
Sachverhalt
Die Klägerin war eine Stiftung des öffentlichen Rechts und Trägerin einer Universität, die im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit mehrere Betriebe gewerblicher Art unterhielt. Die Klägerin nahm als juristische Person des öffentlichen Rechts (jPdöR) hoheitliche Aufgaben wahr. Sie ging von einer umsatzsteuerlichen Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG aus, in der sie sich als Organträgerin der U-GmbH verstand. Diese U-GmbH vollbrachte Reinigungsleistungen in den Gebäuden der Klägerin gegen Entgelt, wobei ein Teil dieser Leistungen auch auf die hoheitlich genutzten Gebäudeteile entfiel.
Das zuständige Finanzamt ging ebenfalls von einer Organschaft aus, betrachtete jedoch das Entgelt für die Reinigungsleistungen der hoheitlichen Gebäudeteile als unentgeltliche Wertabgabe, da diese unternehmensfremden Zwecken dienen würden. Das hätte zur Folge gehabt, dass Umsatzsteuer auf die Reinigungsleistungen zu entrichten gewesen wäre. Diese Umsatzsteuer hätte nicht abgezogen werden können, weil die Leistungsempfängerin (Organträgerin) insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Das zuständige FG lehnte eine unentgeltliche Wertabgabe ab, der Fall ging in Revision an den BFH. Dieser setzte das Revisionsverfahren zwei Mal für eine Vorlage an den EuGH aus (C-269/20; C-184/23) und erbat die Auslegung der streitentscheidenden Normen. Im Anschluss an die beiden Urteile des EuGH entschied der BFH nun abschließend über den Sachverhalt.
Entscheidung und Gründe
Der BFH entschied zugunsten der Klägerin und verneinte eine unentgeltliche Wertabgabe. Die umsatzsteuerliche Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wurde zu Recht angenommen, die Klägerin ist in diesem Fall Organträgerin mit der U-GmbH als Organgesellschaft. Leistungen, die von der Organgesellschaft an die Organträgerin erbracht werden, sind demnach nicht steuerbar. Folglich entsteht keine Umsatzsteuer auf die Reinigungsleistung. Damit ist die fehlende Berechtigung zum Vorsteuerabzug unerheblich.
Damit eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG in dem hoheitlichen Teil der Reinigungsleistungen liegt, müsste Unentgeltlichkeit vorliegen. Die Leistungen wurden aber sehr wohl entgeltlich erbracht. Zwar sind sie nicht steuerbar, Entgeltlichkeit wird dadurch aber nicht verhindert. Es liegt also keine unentgeltliche Wertabgabe vor und es erfolgt demnach keine Entnahmebesteuerung.
Einordnung
Es wurden zwei grundlegende Punkte vom EuGH schließlich bestätigt: Zum einen ist die deutsche Regelung über die umsatzsteuerliche Organschaft europarechtskonform, zum anderen sind Innenleistungen nicht steuerbar. Erstmals in einem Prozess wurde der Sachverhalt dem EuGH hierfür sogar zwei Mal zur Entscheidung vorgelegt. Durch dieses Urteil wird die Nichtsteuerbarkeit bei Innenumsätzen der Organschaft auch auf jPdöR angewendet. Das Urteil schafft Rechtssicherheit.
Als Gestaltungsmöglichkeit wird die umsatzsteuerliche Organschaft für jPdöR nun noch interessanter, da bei Vorliegen einer Organschaft die Innenumsätze zwischen Mitgliedern der Gruppe nicht zu versteuern sind. Der Nachteil des fehlenden Vorsteuerabzugs im hoheitlichen Bereich kann dadurch erheblich reduziert werden.