Steuerbarkeit von Geschäftsführungs-Leistungen einer Praxisgemeinschaft
BFH-Beschluss vom 4. September 2024 (XI R 37/21)
Die Frage der Steuerbarkeit von Geschäftsführungs-Leistungen in einer Praxisgemeinschaft wurde im Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 4. September 2024 geklärt. Im Kern ging es um die Frage, ob die Geschäftsführungsleistungen eines Gesellschafters, die an eine Praxisgemeinschaft erbracht werden, steuerpflichtig sind. Die Entscheidung betrifft insbesondere die korrekte Anwendung von Umsatzsteuerbefreiungen und die Unterscheidung zwischen innerbetrieblichen Leistungen und Leistungen an die Gesellschafter.
Sachverhalt
Im zugrunde liegenden Fall betrieb die Klägerin, eine Praxisgemeinschaft von zwei Ärzten, das Geschäft nach dem Kostendeckungsprinzip. A übernahm die Geschäftsführung der Gemeinschaft und wurde dafür vergütet. Die Praxisgemeinschaft zahlte zudem an externe Mitarbeiter wie eine Raumpflegerin und freie Mitarbeiter. A rechnete diese Leistungen ohne Umsatzsteuer ab.
Das Finanzamt betrachtete die Praxisgemeinschaft als Unternehmerin, die steuerbare Leistungen an die Gesellschafter erbrachte und lehnte eine Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 14 lit. d UStG (Fassung bis Ende 2018) ab.
Entscheidung des BFH
Der BFH stellte klar, dass es sich bei der Praxisgemeinschaft um eine „nach außen tätige Gesellschaft“ handelt, die als Unternehmerin umsatzsteuerpflichtige Leistungen an A und B erbringt .Die Geschäftsführungsleistungen von A an die Gemeinschaft wurden jedoch nicht als steuerbare Leistungen an die Gesellschafter anerkannt. Diese Leistungen dienten ausschließlich der internen Organisation der Praxisgemeinschaft und verschafften den Gesellschaftern keinen „verbrauchbaren Vorteil“ im Sinne der Umsatzsteuer.
Das Gericht betonte, dass Geschäftsführungsleistungen nicht ohne Weiteres zu einer Leistung der Praxisgemeinschaft an die Gesellschafter führen. Würde dies anders interpretiert, müsste jede Gesellschaft, die Geschäftsführungsleistungen bezieht, diese auch als Leistung an ihre Gesellschafter versteuern.
Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 lit. f MwStSystRL
Die Klägerin berief sich auf die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 lit. f MwStSystRL. Der BFH bestätigte, dass die Praxisgemeinschaft als „selbstständiger Zusammenschluss“ von Ärzten steuerfreie Leistungen erbringe, die im Zusammenhang mit der heilberuflichen Tätigkeit stehen. Die Zahlungen an externe Mitarbeiter (wie die Raumpflegerin oder freien Mitarbeiter) waren als Aufwendungsersatz zu werten und unterlagen daher nicht der Umsatzsteuer.
Diese unionsrechtliche Lösung hat der BFH damit für Zeiträume vor 2019 festgestellt. Gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG a. F. waren die sonstigen Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige der in der Vorschrift bezeichneten Berufe oder Einrichtungen waren, gegenüber ihren Mitgliedern steuerfrei, soweit diese Leistungen unmittelbar zur Ausführung der gemäß der Vorschrift steuerfreien Umsätze verwendet wurden. Für die Zeit ab 1. Januar 2019 ist gemäß § 4 Nr. 29 UStG zusätzlich erforderlich, dass die Gemeinschaft von ihren Mitgliedern die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert.
Fazit
Der BFH entschied, dass Geschäftsführungs-Leistungen, die ausschließlich der internen Organisation der Praxisgemeinschaft dienen, nicht als steuerbare Leistungen an die Gesellschafter gelten. Die Praxisgemeinschaft kann sich auf die unionsrechtliche Steuerbefreiung berufen, wenn die erbrachten Leistungen unmittelbar der Ausübung der steuerfreien Heilbehandlungen dienen. Eine genaue Differenzierung zwischen internen und externen Leistungen ist daher für die steuerliche Beurteilung unerlässlich. Dies gilt auch für Zeiträume ab 2019.