Steuerliche Behandlung von Erlebnisgutscheinen

BFH-Urteil

Der BFH äußerte sich mit seinem Urteil vom 5. September 2024 (V R 21/23) über die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen, die bei einem externen Veranstalter für Erlebnisse eingetauscht werden können. In dem von uns begleiteten Verfahren wurde vom BFH insbesondere auf die steuerliche Behandlung von verfallenen Gutscheinen und von Erlebnisgutscheinen eingegangen.

Sachverhalt

Der Kläger betrieb in den Jahren 2013 und 2014 eine Website, auf der er unterschiedliche Freizeiterlebnisse vorstellte. Um diese Erlebnisse in Anspruch zu nehmen, erwarben die Kunden Gutscheine beim Kläger, welche sie zur Durchführung der gebuchten Erlebnisse bei externen Veranstaltern berechtigten. Es konnten zum einen Gutscheine für ein konkretes Erlebnis (Erlebnisgutschein) oder auch Gutscheine über einen bestimmten Wert mit freier Wahl des Erlebnisses (Wertgutscheine) erworben werden. Bei Einlösung des Gutscheins wurden dem Kunden vom Kläger die Informationen für die Kontaktaufnahme mit dem Veranstalter des Erlebnisses mitgeteilt. Die Gutscheine verfielen nach 12 Monaten, wobei diese Frist auf Antrag verlängert werden konnte. Der Kläger zahlte dem Veranstalter bei Inanspruchnahme des Erlebnisses durch den Kunden den gezahlten Preis abzüglich seiner Provision aus, bei Verfall eines Gutscheins wurde keine Zahlung getätigt.

Der Kläger behandelte nur die Provisionszahlungen der Veranstalter und nicht die Entgelte für die verfallenen Gutscheine als steuerbare Umsätze. Das zuständige Finanzamt hingegen wertete bereits den Verkauf der Gutscheine als steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz, die anschließende Weiterleitung des Entgelts an die Veranstalter würde nur die Bemessungsgrundlage nachträglich mindern.

Nachdem der Sachverhalt bereits einmal in Revision vom BFH an das zuständige FG Münster zurückverwiesen wurde, entschied das Finanzgericht daraufhin (5 K 1404/18 U), dass bereits die Ausgabe der Gutscheine eine steuerpflichtige Vermittlungsleistung darstelle. Das Entgelt dieser Vermittlungsleistung belaufe sich bei Einlösung des Gutscheins auf die Provision und bei Verfall des Gutscheins auf das gezahlte Entgelt. Außerdem sei der Vorsteuerabzug hinsichtlich der Eingangsleistungen, die auf die verfallenen Gutscheine entfallen, anteilig zu versagen.

Nach erneut eingelegter Revision seitens des Klägers entschied der BFH nun zum zweiten Mal über den Sachverhalt.

Entscheidung und Gründe

Der BFH gab der Revision des Klägers statt und bestätigte, dass er weder bei der Ausgabe noch bei Verfall der Gutscheine eine Leistung erbringt. Entscheidender Ausgangspunkt der Würdigung, so wie sie der Kläger von Anfang an vertreten hat, ist dass er eine Vermittlungsleistung erbringt. Eine Vermittlungsleistung ist erst bewirkt, wenn die beiden vermittelten Vertragsparteien (Kunde und Veranstalter) sich gegenseitig bekannt werden oder mindestens einer Kenntnis vom anderen hat. Da aber nur dem Vermittler (Kläger) die möglichen Vertragsparteien bekannt waren und der Veranstalter nicht wusste, dass ein Kunde einen Gutschein für ein von ihm angebotenes Erlebnis erworben hatte und die Erlebnisse bis zur Einlösung ausgewechselt werden konnten, liegt keine Vermittlungsleistung vor. Auch die Präsentation der Erlebnisse auf der Website bildet noch keine steuerbare Leistung. Die Entgelte für die verfallenen Erlebnisgutscheine sind also nicht steuerbar.

Der Vorsteuerabzug kann ebenfalls nicht versagt werden, da die Eingangsleistungen auch im Hinblick auf die verfallenen Gutscheine der wirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers dienen. Die Ausgabe der Gutscheine ist auf die Erbringung steuerpflichtiger Vermittlungsleistungen gerichtet, sie stellt lediglich einen notwendigen Zwischenschritt dar.

Erst recht stellen die Ausgabe sowie der Verfall der Wertgutscheine keine steuerbare Leistung dar, da auch bei diesen Gutscheinen die Vertragsparteien einander nicht bekannt waren.

Einordnung

Nach einem langwierigen Prozess ist die Frage nach der umsatzsteuerlichen Behandlung der Ausgabe von Erlebnisgutscheinen endlich geklärt. Es ist nochmals zu betonen, dass insbesondere über die Voraussetzungen einer Vermittlungsleistung gestritten wurde. Dadurch, dass sich sowohl Kunde als auch Veranstalter im Moment des Gutscheinerwerbs noch nicht bekannt waren, scheidet eine Vermittlungsleistung für den Erwerb eines Erlebnisgutscheins aber per definitionem aus.

Dieses Urteil erging zur alten Rechtslage, im Jahre 2019 wurde eine Unterscheidung zwischen Einzweck- und Mehrzweckgutscheinen eingeführt. Während die Besteuerung der Einzweck-Gutscheine bereits bei Übertragung derselben eintritt, werden Mehrzweck-Gutscheine erst bei ihrer Einlösung besteuert. Die Erlebnisgutscheine erscheinen nach neuem Recht wie Mehrzweck-Gutscheine; dies wird jedenfalls vertreten. Wir sind der Auffassung, dass der Sachverhalt auch nach neuem Recht genauso wie in diesem Urteil beschrieben zu behandeln ist. In jedem Fall gilt für alle Mehrpersonenverhältnisse dass Leistungsbeziehungen genau analysiert und mit dem Blick für das sowohl rechtlich wie praktisch Wesentliche gewürdigt werden müssen.

 

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